Rotschenkel, sitzt auf einem Pfahl
Jürgen Vrinssen©

Rotschenkel

Lebensraum

Wie die Hal­li­gen ent­stan­den

Seit der letz­ten Eis­zeit steigt der Mee­res­spie­gel welt­weit an. Als Fol­ge über­flu­te­te die Nord­see im spä­ten Mit­tel­al­ter wei­te Tei­le des be­sie­del­ten Lan­des. Nur die hö­her ge­le­ge­nen Gee­st­in­seln Föhr, Am­rum und Sylt blie­ben be­ste­hen. Die Res­te der Mar­sch­in­seln Pell­worm und Nord­strand konn­ten durch die nach den Flut­ka­ta­stro­phen er­rich­te­ten Dei­che ge­hal­ten wer­den.

Ebbe und Flut (die Ge­zei­ten), ins­be­son­de­re aber Sturm­flu­ten ha­ben in ei­nem jahr­hun­der­te­lan­gen Pro­zess Land­flä­chen fort­ge­ris­sen und an­dern­orts als Se­di­ment wie­der auf­ge­schich­tet. So wuch­sen die Hal­li­gen als klei­ne Mar­sch­in­seln im Meer in die Höhe. Mehr als 100 Hal­li­gen soll es mal ge­ge­ben ha­ben, heu­te sind es noch zehn.

Zum Schutz vor Über­flu­tung ste­hen die Ge­bäu­de auf künst­lich auf­ge­wor­fe­nen Erd­hü­geln. Bei “Land­un­ter”, wenn die Nord­see Hal­lig­land über­flu­tet, ra­gen nur noch die­se “Warf­ten” aus dem Meer.

Als Le­bens­grund­la­ge für Na­tur und Mensch sind die Nord­frie­si­schen Hal­li­gen ein­ma­lig auf der Welt. Der Auf­wand zur Er­hal­tung ist hoch, doch die Hal­li­gen er­fül­len eine wich­ti­ge Auf­ga­be für den ge­sam­ten Küs­ten­raum. Als Wel­len­bre­cher be­ru­hi­gen sie die See und sta­bi­li­sie­ren die Watt­flä­chen. Da­mit über­neh­men sie eine be­deu­ten­de Schutz­funk­ti­on für die Fest­lands­dei­che.

 

Das Le­ben auf den Hal­li­gen

Lan­ge Zeit wa­ren Fi­sche­rei und Land­wirt­schaft ein­zi­ger Le­bens­un­ter­halt. Als wei­te­re Er­werbs­quel­le kam im spä­ten Mit­tel­al­ter die Salz­ge­win­nung hin­zu. Ers­ten Wohl­stand brach­ten die Män­ner als See­fah­rer und Wal­fän­ger auf die Hal­li­gen. Doch mit dem Nie­der­gang der Han­dels­schiff­fahrt wan­der­ten vie­le Hal­lig­leu­te aus. Erst die Ar­beits­plät­ze im staat­li­chen Küs­ten­schutz im 20. Jahr­hun­dert ga­ben wie­der Exis­tenz­si­cher­heit.

Nach den schwe­ren Sturm­flu­ten 1953 und 1962 wur­den Warf­ten ver­stärkt und neue, si­che­re Ge­bäu­de er­rich­tet so­wie der An­schluss an die öf­fent­li­che Was­ser- und Strom­ver­sor­gung her­ge­stellt.

Der Tou­ris­mus ent­wi­ckel­te sich in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten zum wich­tigs­ten Wirt­schafts­fak­tor: Das ehe­mals ab­ge­schie­de­ne Land im Meer ist ein be­lieb­tes Ur­laubs- und Aus­flugs­ziel ge­wor­den.
Bio­sphä­ren­re­gi­on Hal­li­gen

Das Wat­ten­meer an der West­küs­te Schles­wig-Hol­steins ist von der UNESCO zum „Bio­sphä­ren­re­ser­vat Schles­wig-Hol­stei­ni­sches Wat­ten­meer und Hal­li­gen“ er­nannt wor­den. Bio­sphä­ren­re­ser­va­te sind wert­vol­le Kul­tur- und Na­tur­land­schaf­ten, in de­nen der Mensch im Ein­klang mit der Na­tur lebt und nach­hal­tig wirt­schaf­tet. Die re­gio­na­le Iden­ti­tät spielt da­bei eine we­sent­li­che Rol­le. In Deutsch­land gibt es 14 Bio­sphä­ren­re­ser­va­te, welt­weit sind es mehr als 480 in über 100 Staa­ten. Das seit 1990 be­ste­hen­de Bio­sphä­ren­re­ser­vat hat sich 2005 er­heb­lich ver­än­dert: Es wur­de an die Gren­zen des 1999 no­vel­lier­ten und ver­grö­ßer­ten Na­tio­nal­parks an­ge­passt und um eine so­ge­nann­te Ent­wick­lungs­zo­ne er­wei­tert, die die Hal­li­gen Lan­ge­neß, Oland, Grö­de, Hoo­ge und Nord­stran­disch­moor bil­den. Ins­ge­samt han­delt es sich jetzt um 4.431 Qua­drat­ki­lo­me­ter Bio­sphä­re mit drei Zon­nen: Die Kern­zo­ne des Bio­sphä­ren­re­ser­va­tes ist 1.570 Qua­drat­ki­lo­me­ter groß und stimmt mit der Zone 1 des Na­tio­nal­par­kes über­ein, in der die Na­tur an ers­ter Stel­le steht. Eine 2.840 Qua­drat­ki­lo­me­ter gro­ße Puf­fer­zo­ne, die der Zone 2 des Na­tio­nal­par­kes ent­spricht, lässt eine ein­ge­schränk­te wirt­schaft­li­che Nut­zung im Sin­ne des Na­tio­nal­park­ge­set­zes zu. Die neu fest­ge­leg­te Ent­wick­lungs­zo­ne um­fasst die Hal­li­gen Lan­ge­neß, Oland, Grö­de, Nord­stran­disch­moor und Hoo­ge und ist 21 Qua­drat­ki­lo­me­ter groß. Hier wird nach­hal­tig ge­wirt­schaf­tet. In ei­nem bei­spiel­haf­ten Pro­zess ha­ben sich Hal­lig­leu­te ihre Idee, Ent­wick­lungs­zo­ne wer­den zu wol­len, mit tat­kräf­ti­ger Un­ter­stüt­zung en­ga­gier­ter Mit­ar­bei­te­rIn­nen aus den zu­stän­di­gen Ver­wal­tun­gen und Fach­be­hör­den in die Tat um­ge­setzt. Der Ver­ein „Hal­lig­ge­mein­schaft Bio­sphä­re“ und sei­ne ge­schäfts­füh­ren­de Ar­beits­grup­pe mit Ver­tre­te­rIn­nen der Hal­li­gen, des Am­tes Pell­worm, der In­sel- und Hal­lig­kon­fe­renz und des Na­tio­nal­park­am­tes re­gen Pro­jek­te und Ar­bei­ten in der Ent­wick­lungs­zo­ne an. Eine Ko­ope­ra­ti­ons­ver­ein­ba­rung legt die ein­ver­nehm­li­che Zu­sam­men­ar­beit zwi­schen der Hal­lig­ge­mein­schaft und dem Na­tio­nal­park­amt in sei­ner Funk­ti­on als Bio­sphä­ren­ver­wal­tung fest. Das Amt Pell­worm als zu­stän­di­ge Ver­wal­tung der Hal­li­gen hat dar­über hin­aus eine Ge­schäfts­stel­le für die Hal­li­gen ein­ge­rich­tet, die für den In­for­ma­ti­ons­aus­tausch und die Ko­or­di­na­ti­on der Bio­sphä­ren-An­ge­le­gen­hei­ten sorgt.